Sand, wie Sand am Meer – das gibt es leider nicht mehr überall

Zum Sand-Raub

Autorin: Christa Chorherr

Sand ist nach Wasser der wichtigste Rohstoff, vor allem für die Bauindustrie, und die nimmt nicht jeden Sand. Jeden Tag karren LKWs  Tonnen von Strandsand davon, saugen riesige Schwimmbagger den Meeresboden rund um den Globus ab, bunkern den Sand in ihren Kielräumen und verkaufen ihn teuer an Baufirmen: Der Sand schwindet, und mit ihm die Strände.
Quelle: Christa Chorherr Sand, wie Sand am Meer

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Sand steckt in vielen unserer Produkte, von denen man es nicht vermuten würden: etwa in Seife, in Reinigungsmitteln, in jedem Computer. Glas wird aus Sand hergestellt. Aber vor allem: Stahlbeton, der wichtigste Baustoff heutzutage. Unsere Städte sind buchstäblich aus Sand gebaut, denn Beton besteht zu zwei Dritteln aus Sand. Und für jede Tonne Beton werden mehrere Tonnen Sand benötigt.

Überall ist Sand versteckt, im Computer und im Handy, in der Pflanzenzucht, in Farben und Klebstoffen, aber auch Keramik und Ziegel gäbe es ohne Sand nicht. Fast nur aus Sand besteht Glas, nämlich zu 75 Prozent. Doch auch in der Jeansherstellung geht nichts ohne ihn, mit Sandstrahlen wird der Stoff ausgeweicht und gebleicht.

Die UNEP, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, schätzt, dass weltweit Jahr für Jahr rund dreißig Milliarden Tonnen Sand durch die Betonmischer fließen. Dazu kommen noch einmal – konservativ geschätzt – etwa zehn Milliarden Tonnen Sand jährlich für Straßenbau und Industrie. Kein anderer Rohstoff wird in solchen Mengen abgebaut wie Sand. Jährlich werden rund 70 Milliarden Dollar mit Sand umgesetzt – auf jedem Kontinent wird er abgegraben.

Nichtregierungsorganisationen sprechen von einer Sandmafia: Mittlerweile haben sich in vielen Ländern mafiöse Strukturen entwickelt, die sich weder um Gesetze noch um die Betroffenen scheren – und erst recht nicht um die Umwelt. Insbesondere in Drittweltstaaten gibt es immer mehr Fälle von illegalem Sand-Abbau. Und dort – in Afrika und Asien – entstehen die großen Megastädte der Zukunft, aus Sand.

Wüstensand eignet sich nicht für Beton

Auch die Länder der arabischen Halbinsel importieren Sand in großen Mengen. Denn Wüstensand eignet sich für die Betonherstellung nicht! Er ist zu feinkörnig, zu rund. Wind und Bewegung haben alle Ecken und Kanten der Sandkörnchen abgeschliffen. Genau die Ecken und Kanten braucht es aber im Bau, die sorgen für die nötige Reibung. Ecken und Kanten hat aber nur der Sand aus Flüssen und Meer.

40 Milliarden Tonnen Sand werden weltweit pro Jahr abgebaut – und damit etwa doppelt so viel, wie alle Flüsse der Welt in einem Jahr an die Küsten bringen. Dazu verhindern immer mehr Staudämme, dass der Sand aus den Gebirgen überhaupt bis zum Meer gelangt. Oder der Sand wird gleich in den Flüssen abgebaut und abtransportiert. Laut Studien erreicht jedes zweite Sandkorn so die Ozeane gar nicht mehr.

Es wird viel mehr Sand aus dem Meer geholt, als die Natur dort wieder hinbringen kann. Es wird überhaupt viel mehr Sand verbraucht, als reproduziert werden kann. Denn Sand entsteht aus der langsamen, Jahrtausende dauernden Erosion von Bergen. Bei uns in Mitteleuropa etwa stammt der Sand aus der Eiszeit. Er „wächst nicht einfach bis übermorgen nach“. Der Sand rinnt uns buchstäblich durch die Finger.

Mikroorganismen und Tiere werden getötet

Wenn Sand in solchen Mengen vom Meeresgrund abgesaugt und von Küsten abgegraben wird, wirkt sich das auf die Küstengebiete und Ozeane aus. Mikroorganismen und Tiere werden getötet, Lebensräume zerstört. Darüber hinaus können sich Strömungen verändern. Das wiederum gefährdet die Existenzgrundlage der Menschen, die vom Meer leben. Und der Sand-Abbau im Meer zerstört am Ende auch die Küste und das Land: Je mehr Sand vom Meeresboden gesaugt wird, umso mehr Sand rutscht von den Küsten und Stränden nach.

Überall auf der Welt gehen Strände zurück, Schätzungen der UNEP zufolge sind drei von vier Stränden im Verschwinden begriffen. Zum Teil, weil der begehrte Sand direkt am Strand abgebaut wird. Zum Teil, weil die Strände durch das Absaugen von Sand am Meeresgrund wegrutschen.

Der Sandabbau wird an touristisch genutzten Stellen bekämpft: durch Sandvorspülung. Dabei wird Sand aus dem Meeresboden gegraben und mit Hochdruck an die Küste gespritzt. Doch ob solche Maßnahmen dauerhaft helfen können, den Strand zu erhalten, ist fraglich. Auch durch Wellenbrecher und Dämme lässt sich der Sand nur schwer stabilisieren.

Strände schützen das Hinterland vor der Kraft des Meeres und die Hälfte der Menschheit lebt an den Küsten.

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