Es war leider viel zu lange „fünf vor zwölf“ – Christa Chorherr
Wir alle müssen lernen, um zu verstehen, warum wir unser Verhalten ändern MÜSSEN

Sicherlich habe ich nicht vor, mich auf eine viel befahrene Straße zu setzen und mich anzukleben. Das heißt aber noch lange nicht, dass mich die Entwicklung unseres Klimas kalt lässt. Nur missfällt mir die Methode des Anklebens – aber mit welcher anderen Methode kann man noch Aufmerksamkeit erregen, aufrütteln – vieles wurde schon probiert, „nix hat’s g’nutzt“.
„Meine“ Methode ist: Aufklärung über die Fakten und deren Folgen. Besser gesagt: Aufzeigen von Fakten (geschieht in den Medien ohnedies: derzeit „der Lake Powell trocknet aus“), wesentlich wäre es, die Ursachen, aber auch die Folgen davon klar aufzuzeigen.
Die Politik allerdings muss ziemlich dringend Taten setzen, nicht nur in Österreich, in Europa, der Klimawandel macht an Grenzen nicht halt. Und jetzt schaut’s so aus, als ob dieser Wandel langsam (oder plötzlich) wirklich irreversibel wird.
Damit kommen z.B. zwei Begriffe ins Spiel, der Rückkoppelungseffekt und die Kipppunkte. (Ich gebe zu, es klingt nicht einfach und ist es auch nicht)
Rückkopplungsmechanismen sind Prozesse, die ausgehend von der Änderung eines Faktors Änderungen anderer Faktoren anstoßen, die wiederum auf den ersten Faktor verstärkend (positive Rückkopplung) oder abschwächend (negative Rückkopplung) zurückwirken. Höhere Temperaturen der Atmosphäre erwärmen z.B. auch den Ozean, der dadurch weniger CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen kann, wodurch sich diese weiter erwärmt (positive Rückkopplung). Höhere Temperaturen verstärken aber auch das Pflanzenwachstum, wodurch mehr CO2 aus der Atmosphäre für die Photosynthese verbraucht wird, was für die Atmosphäre einen Abkühlungseffekt bedeutet (negative Rückkopplung).
D.h. wünschenswert wäre „mehr negative“ Rückkopplung
Auch eine erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre kann negative Rückkopplungsprozesse nach sich ziehen. Die mit der Konzentrationserhöhung einhergehende Temperaturerhöhung führt auf längeren (geologischen) Zeitskalen zu einer stärkeren chemischen Verwitterung und auf kürzeren ähnlich wie bei erhöhter Temperatur zu verstärktem Pflanzenwachstum und Photosynthese. Hierdurch kommt es zu einem größeren Abbau von CO2 in der Atmosphäre und somit zu einer Abschwächung der anfänglichen Erwärmung.
Eine der wichtigsten Rückkopplungen bei der globalen Erwärmung betrifft den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre. Die vom Menschen verursachten Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Methan oder Distickstoffoxid erhöhen die Temperatur der Atmosphäre. Mit jedem Grad Erhöhung der Temperatur verstärkt sich aber auch der Wasserdampfgehalt, und zwar um 7 %. Denn der Temperaturanstieg führt zu höherem Sättigungsdampfdruck. Das bedeutet, dass die Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Der höhere Wasserdampfgehalt wirkt zurück auf die Temperatur und verstärkt die Treibhauswirkung der anthropogenen Treibhausgase. Dies ist ein positiver Rückkopplungsmechanismus, der sich immer weiter verstärkt!
Gleichzeitig wird bei Erwärmung flüssiges Wasser zum Verdunsten gebracht. Bei der Verdunstung wird Energie verbraucht, wodurch die Luft abkühlt. Hierbei handelt es sich also um eine negative Rückkopplung.
Und jetzt kommen die Kipppunkte ins Spiel:
z.B. Die arktischen Perma- oder Dauerfrostböden sind über Jahrhunderte bis Jahrtausende entstanden. Sie befinden sich in Sibirien und Nordamerika. Wenn sie auftauen, können sie riesige Mengen der Treibhausgase Kohlenstoffdioxid und Methan freisetzen. Mehrere hundert Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind vermutlich gespeichert in sogenannten Yedoma-Böden in Tiefen von mehr als 3 Metern. Aktiviert werden könnte dieser Kipppunkt bei einer Änderung um 4 Grad Celsius.
Oder: Der Westantarktische Eisschild liegt unterhalb des Meeresspiegels auf Felsboden. An der tiefsten Stelle liegt er 2.5 Kilometer unter dem Meeresspiegel. Bereits bei 1.5 Grad Celsius Änderung könnte dieses Eis schmelzen. Dabei könnte der Meeresspiegel um 3 Meter ansteigen weltweit! (auch dazu gestern: https://christachorherr.wordpress.com/2023/02/20/tsunami-im-zeitlupentempo/)
Oder (Europa direkt betreffend): Die Umwälzzirkulation des Atlantiks sorgt dafür, dass warmes Wasser an der Oberfläche in den Norden transportiert wird. Dort kühlt das Wasser ab und sinkt in der Tiefe. Dann wird es wieder in den Süden transportiert. Dieser Vorgang heißt “thermohaline Zirkulation”. Für diesen Vorgang ist kaltes Salzwasser nötig. Wenn Gletscher schmelzen kommt mehr Süßwasser in den Kreislauf. Die Umwälzzirkulation des Atlantiks könnte lahmgelegt werden. Dies kann gravierende Auswirkungen haben auf Temperatur und Niederschlagsverteilungen. Dieses Kippelement könnte ausgelöst werden bei einer Änderung um 4 Grad Celsius.
Ebenso: Im Labrador- und im Irminger-Meer gibt es als Teil des sogenannten subpolaren Wirbels eine Umwälzströmung. Ähnlich wie die Umwälzzirkulation des Atlantiks. Dieses Kippelement droht in den nächsten Jahren zu kippen. Dafür reicht eine globale Erwärmung von 1.8 Grad Celsius. Wenn die Umwälzströmung kollabiert, kühlt die regionale Umgebung um 2-3 Grad Celsius ab. Dadurch kann es zu mehr Wetterextremen in Europa kommen.
Das sind aber nur vier der derzeit insgesamt 15 Kippunkten.
Sie selbst können erkennen, wie gering die Margen bereits sind, bei denen die Vorgänge irreversibel sind, wir „nichts“ mehr tun können, um die Veränderungen aufzuhalten.
Wenn wir so weitertun, wie jetzt, werden wir unseren Kindern und Kindeskindern eine wüste Welt hinterlassen.
Quelle: Christa Chorherr Es war leider viel zu lange „fünf vor zwölf“
