Sonne und Wind gehören allen

»Die erneuerbaren Energiequellen lassen sich – im Gegensatz zum fossilen System – kaum monopolisieren. Sie sind überall auf der Erde vorhanden und versprechen nicht Macht und Reichtum für wenige. Die Sonne scheint und die Winde wehen für die Gerechten und die Ungerechten. Wer sie nutzt, erntet Früchte, die allen gehören von den Energieströmen der Sonne und der Erde, die niemandem gehören.«
Johannes Schmidl, Physiker und Autor. Über die Würde der Gletscher

Johannes Schmidl nennt drei Arten von Feuer. Das erste ist das natürliche Feuer, das von Blitzen ausgelöst wird. Das zweite Feuer ist das von uns Menschen gezähmte Feuer, wenn wir zum Beispiel Holz verbrennen. Das dritte Feuer ist das fast nicht sichtbare Feuer, wenn Benzin im Auto verbrannt wird. Es bringt den zusätzlichen fossilen Treibhausefekt, der die Oberfläche der Erde in den letzten Jahrzehnten ganz schnell aufgeheizt hat.

Johannes Schmidl, geboren 1963 in Lienz, ist in Heiligenblut am Großglockner aufgewachsen. Damals wie heute gilt dessen Gletscher, die Pasterze, als längster Gletscher der Ostalpen. Nach dem Studium der Physik und Philosophie an der TU in Graz und der Umweltschutztechnik an der Universität für Bodenkultur in Wien beschäftigte er sich intensiv mit dem Thema Energiewende. In Nepal erarbeitete er ein Energiekonzept für den Makalu-Barun-Nationalpark, in Tibet war er für Eco Himal Italien tätig, zudem betreute er Energiepartnerschaften mit den Ländern Mittel- und Osteuropas. Aktuell ist er für den Dachverband „Erneuerbare Energie Österreich“ tätig. Schmidl stellt sich die Frage, warum wir trotz allem Wissen und trotz technischer Lösungen die dringend notwendige Energiewende nicht umsetzen. In seinem aktuellen Buch „Über die Würde der Gletscher“ gelingt es ihm, eine Verbindung zwischen Poesie, persönlicher Erzählung und naturwissenschaftlicher Darstellung herzustellen. Im Gespräch mit Andreas Obrecht betont er, dass die sinnliche Erfahrung von bedrohlichen Veränderungen uns dahinführe, zu glauben, was wir wissen, und in der Folge zu tun, was wir immer noch können.

Johannes Schmidl, befasste sich zumindest 25 Jahren mit verschiedenen Aspekten des Themas »Energie«, arbeitete 1993 bis 1995 mit Unterbrechungen für die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Nepal, 2001 in Tibet für Eco-Himal Italia. Er bekam den Ö1 Essaypreis 2000. Mit seiner Familie lebt er in Wien.
ORF Im Gespräch 6.12. 2024.
ORF Im Gespräch 12.12.2024.
Johannes Schmidls Bücher: Energie und Utopie, Die Kalte Fusion, Bauplan für eine Insel. Die Würde der Gletscher

Die Elektromobilität hat Zukunft

Die Diskussion begann, als Josef Christian Aigner in der Furche gegen die Elektromobilität als Allheilmittel gegen die Klimakrise anschrieb. (Furche 32, 2024), Dagegen schrieb Johannes Schmidl eine Replik.

Josef Christian Aigner „erhebt in seinem Artikel den Vorwurf, die Elektro-(Auto-)Mobilität werde engstirnig als Allheilmittel zur CO₂-Reduktion gepriesen, demgegenüber bleibe die Gesellschaft gänzlich unaufgeklärt über die Schattenseiten der für die Akkus in den Elektroautos notwendigen Lithiumproduktion. Elektromobilität ist ein Element im großen Technologie- und Methodenkoffer, mit dem man die Klimakrise eindämmen und letztlich verhindern will. Sie ist sicher kein „Allheilmittel“, wie es Aigner in den Raum stellt, genauso wenig wie Windenergie, Geothermie, Pelletsheizungen, Photovoltaik usw. eines sind. Niemand behauptet ernsthaft, ein „Allheilmittel“ gegen die Klimakrise zu haben.“

„Die Elektromobilität hat Zukunft“ weiterlesen

Kassandra: Schluss mit Öl und Gas

Der Energieexperte Johannes Schmidl erinnerte vor zwei Jahren in der Furche an Kassandra. Sie warnte vergeblich vor dem hölzernen Pferd, das die Griechen vor die Tore ihrer Heimatstadt Troja gestellt hatten. „Mit Warnungen vor Unheil macht man sich schnell unbeliebt. Noch unbeliebter aber ist man, wenn sich danach herausstellt, dass man mit seinen Warnungen Recht behalten hat.“

„Nicht nur aus Klimaschutzgründen müssen wir uns aus der Verbrennung fossiler Energie verabschieden, auch um der Versorgungssicherheit willen, um Abhängigkeit und Erpressbarkeit loszuwerden. Der Weg ist vorgegeben, und es wird kein Zurück geben. Man sollte also alles vermeiden, was einen auf Jahrzehnte an die Nutzung fossiler Energie oder überdimensionierter ineffektiver Strukturen bindet (sogenannte Lock-in-Effekte).

Etwa die Hälfte des Energieverbrauchs in Österreich ist Wärmeenergie; deren Bedeutung wird gegenüber dem Strom meistens unterschätzt. Es lohnt sich also, Wärmeverluste in Haus oder Wohnung zu verhindern. Dichtungen an den Fenstern sind schnell angebracht, ein Grad geringere Raumtemperatur spart über die Heizsaison etwa 6% an Heizenergie. Spricht viel dagegen, im Winter mit dem Pullover vor dem Fernseher oder einem guten Buch zu sitzen anstatt im T-Shirt? Auch ein Heizungsservice, das man vielleicht ohnehin schon einige Jahre vor sich hergeschoben hat, erhöht die Effizienz. Am besten macht man den Termin mit dem Installateur noch vor der Heizsaison. Bei der Gelegenheit kann man auch gleich die Heizkörper entlüften.

Kleine Maßnahmen ganz groß

Es gibt eine Fülle von kleinen Maßnahmen, die in Summe dann doch eine spürbare Menge Energie einsparen: Deckel drauf beim Kochen, Kühlschrank auf sieben Grad einstellen, Wäscheleine statt Wäschetrockner. Allein für den Stand-by-Betrieb von Elektrogeräten läuft in Österreich ständig ein Donaukraftwerk.

Natürlich spart man auch Energie, wenn man weniger und nicht so schnell Auto fährt. Das Tempolimit zu reduzieren, beispielsweise auf 100 (Autobahnen)/80 (Landstraßen)/30 (im Ortsgebiet), wagt hierzulande aber nicht so bald jemand, obwohl es schnell gehen würde. Der seit Jahren getrommelte Slogan „keine Verbote!“ wirkt offenbar immer noch als mentale Barriere. Das sollte aber niemanden davon abhalten, selbst langsamer mit dem Auto unterwegs zu sein (oder gar nicht).

Auch wenn die Versorgungssicherheit aktuell gewährleistet erscheint: Gas ist von nun an ein knappes Gut, erklärte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck.“

Die Furche, 29. Juni 2022
https://www.furche.at/meinung/diesseits-von-gut-und-boese/energiekrise-wenns-nun-schnell-gehen-soll-8706763